Portrait

Gekommen, um zu bleiben

25. Oktober 2023, von Karoline Leibfried

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Als die gebürtige Britin Nicola Küpelikilinc mit 18 Jahren für ein Freiwilliges Soziales Jahr nach Deutschland kam, wollte sie nur ihre Sprachkenntnisse erweitern, um anschließend in England Deutsch zu studieren.

»Das Jahr ist immer noch nicht abgeschlossen, das Deutschlernen auch noch nicht!«, lacht die heute 57-Jährige. Schnell merkte sie damals: Sprachen faszinieren sie, aber die Menschen, die sie sprechen, noch mehr. Daher entschied sie sich, in Deutschland zu bleiben, um in Marburg Psychologie und Erziehungswissenschaften zu studieren. Während des Studiums lernte sie ihren heutigen Mann kennen, der damals aus der Türkei ebenfalls zum Deutschlernen und Studieren nach Deutschland gekommen war und ebenfalls blieb.

Nach dem Studium zogen sie gemeinsam ins Rhein-Main-Gebiet und gründeten in Dietzenbach eine Familie. »Wir sind eine dreisprachige Familie. Ich habe daher einen ganz persönlichen Bezug zum Thema Mehrsprachigkeit.« In Frankfurt war sie zunächst beim Verband binationaler Familien und Partnerschaften beschäftigt, später wechselte sie an das Sozialpädiatrische Zentrum des Klinikums Offenbach und arbeitete dort 17 Jahre lang mit Kindern.

Hier konnte sie ihre beiden großen Interessen – Entwicklungspsychologie und Sprache(n) – ideal miteinander verbinden. Freiberuflich bot sie außerdem Fortbildungen und Fachberatungen zu den Themen Spracherwerb und Mehrsprachigkeit an. »Ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie Kinder Sprachen lernen und wie sie mehrere Sprachenlernen, das reizt mich.«

Zusammen mit Kindertagesstätten entwickelte sie Sprachförderkonzepte und begleitete die Einrichtungen auch langfristig. Neben ihrer haupt- und freiberuflichen Tätigkeit widmete sich die energiegeladene Nicola Küpelikilink ab 2001 auch dem Ehrenamt. »Ich war in Dietzenbach viele Jahre lang im Ausländerbeirat engagiert. 2001 haben wir dann den Verein ›Zusammenleben der Kulturen‹ in Dietzenbach gegründet.«

»Dabei zu unterstützen, Wertschätzung und Vielfalt zu erleben, das Gefühl zu entdecken, dazuzugehören und Räume für sich zu erobern: Das ist es, was wir mit dem Diesterweg-Stipendium erreichen konnten.« Nicola Küpelikilinc

»Irgendwann hatte ich dann vom Deutschsommer gehört.« Als Fachberaterin entwickelte sie kurz darauf unter anderem das DaZ-Konzept für das Programm mit und war von 2006 bis 2014 freiberuflich für den Deutschsommer aktiv. Auch im Diesterweg-Stipendium für Kinder und ihre Eltern begleitete sie bis 2016 als Deutschlehrerin vier Familiengenerationen. Eine Situation ist ihr besonders in Erinnerung geblieben: »Wir waren mit der ersten Diesterweg-Generation in den Landtag eingeladen. Als wir dort ankamen, schaute mich eine Mutter ungläubig an und sagte: ›Und die haben wirklich uns eingeladen, sonst niemanden?‹ Dabei zu unterstützen, Wertschätzung und Vielfalt zu erleben, das Gefühl zu entdecken, dazuzugehören und Räume für sich zu erobern: Das ist es, was wir mit dem Diesterweg-Stipendium erreichen konnten.«

2014 widmete sie sich beim Kinderschutzbund Frankfurt einer neuen Aufgabe: dem Aufbau und der Koordination des Projekts Babylotse. Bis heute leitet sie das Programm, in dem sich derzeit elf hauptamtlich tätige Pädagoginnen und Sozialarbeiterinnen auf den Entbindungsstationen von sechs Krankenhäusern in Frankfurt engagieren. Dort beraten sie Mütter und Familien rund um die Geburt und vermitteln bei Bedarf in Angebote der Frühen Hilfen weiter.

Im Moment arbeitet sie an einer Weiterentwicklung dieses Angebots: »Mit dem Programm›Kinderlotse‹ wollen wir an Kinderarztpraxen andocken und Eltern dort bei ihren Fragen weiterhelfen.« Und perspektivisch? »Auf jeden Fall möchte ich viel reisen und noch mehr Sprachen lernen.«