Viele Stiftungen sind in mehreren Themenfeldern tätig. Um zu vermeiden, dass die Vielfalt der Zwecke zu einer Überdehnung in der Projektarbeit führt, bietet sich eine eher kompakte Arbeit in sogenannten Projektketten an.
Projektketten schaffen einen inneren Zusammenhang der Stiftungsarbeit, bei dem sich die geförderten oder selbst entwickelten Projekte gegenseitig nutzen. Außerdem kann die Stiftung auf diese Weise eigene Kenntnis und Erfahrung in ihren Themenfeldern aufbauen.
Projektketten sind Gruppen von Projekten, die einen inneren Zusammenhang aufweisen – etwa thematischer, methodischer oder biografischer Art. Sie eigenen sich, um in einer größeren Zahl von Projekten aktiv zu sein, dabei aber den Überblick zu bewahren, Nutzen zu entfalten und anwendbares Wissen zu gewinnen. Das kann man entweder operativ oder aber durch Jahres- und Schwerpunktthemen auch fördernd ausführen.
Der Charme der Projektketten liegt darin, dass man auf diese Weise Erfahrungen sammelt und daraus ein theoretisches wie praktisches Expertenwissen eigener Art generiert. Dies wiederum ist interessant für die Stiftung Polytechnische Gesellschaft, weil hier gelernt werden kann, Erfahrungen weiterzugeben, sie mit anderen Erfahrungen zu konfrontieren und sie auch verallgemeinernd zu formulieren. Wie sagte doch der französische Philosoph Blaise Pascal? "Vielfalt ohne Einheit ist Beliebigkeit."
Beim Aufbau der Stiftung Polytechnische Gesellschaft wurden systematisch solche Projektketten entwickelt.
Hier noch zwei weitere Beispiele zur Erläuterung:
1. Der Deutschsommer und das Diesterweg-Stipendium
Viele Kinder können keine ihrer Begabung entsprechende Schullaufbahn absolvieren, weil ihre Deutschkenntnisse nicht ausreichen. Oft sind es Zuwandererkinder, aber wegen der insgesamt zunehmenden Sprachentwicklungsstörungen sind auch deutschstämmige Kinder betroffen.
Hier setzen die Projekte Deutschsommer und Diesterweg-Stipendium an, die wiederum in Wechselwirkung zueinander stehen:
Denn für die Deutschsommer-Kinder und ihre Familien besteht die Chance, in das Familienstipendium aufgenommen zu werden. Diesterweg-Kinder können später beim Deutschsommer helfen. Lehrer aus der Lehrerfortbildung des Deutschsommers können Empfehlungen für das Stipendium aussprechen.
Die beteiligten Partnerorganisationen reichern ihre Kenntnisse an: Zum Beispiel über die Isoliertheit vieler Zuwandererfamilien, die sich die Signatur unserer offenen Städte selbst nicht erschließen können, aber durch persönliche Ansprache den Weg in die Gesellschaft durchaus finden und dies auch wollen. Das sind ganz konkrete Hinweise für Bildungs- und Familienpolitik in Stadt und Land.
2. Ehrenamtsstipendien: Stadtteil-Botschafter, -Historiker und Bürger-Akademiker
Ähnliche positive Erfahrungen mit Projektketten hat die Stiftung mit dem Aufbau dreier Ehrenamtsstipendien in Frankfurt machen können, die auch unter den erschwerenden Bedingungen von Individualismus und Karrierestress Menschen zu einer Ehrenamtslaufbahn motivieren: einem Jugendprogramm, den Stadtteil-Botschaftern, einem Erwachsenenprogramm, den Stadtteil-Historikern, und einem Programm für die impulsstärksten Kräfte der Ehrenamtsorganisationen, den Bürger-Akademikern.
Auch hier ist der Lerneffekt auf allen Seiten erheblich. Und auch die Aussicht, alle drei Programme durchlaufen zu können, motiviert. Außerdem können wiederum Module oder auch das ganze Programm übertragen werden. Die Stiftung wie auch ihre Partner haben durch die zusammenhängende Projektarbeit weiterführende Kenntnisse über die Zukunft des Ehrenamts gewinnen und teilen können.
Ein weiterer Baustein der Projektkette "Verantwortung in der Stadtgesellschaft" ist die Internationale Alfred-Grosser-Professur für Bürgergesellschaftsforschung, in deren Rahmen internationale Experten die theoretischen Fundamente der Bürgergesellschaft an den akademischen Nachwuchs weitergeben.
Gute Ideen gehen ihren Weg
Das Wirken der Stiftung Polytechnische Gesellschaft ist klar auf Frankfurt am Main fokussiert. Einige unserer Projekte stoßen aber auf großes Interesse in anderen Städten und werden dort von Institutionen in eigener Finanzierung übernommen und durchgeführt. Dies nennt man Projekttransfer. Diesterweg-Stipendium, Deutschland schreibt!, Deutschsommer, Stadtteil-Historiker: Diese Projekte der Stiftung Polytechnische Gesellschaft finden mittlerweile auch außerhalb Frankfurts statt.
Transfer kann sich auch auf anderen Ebenen abspielen. Etwa innerhalb der Stadt Frankfurt, wenn eines der Stiftungsprojekte in die Hände eines neuen Trägers übergeben wird – so geschehen mit Jazz und Improvisierte Musik in die Schule!, das seit dem Schuljahr 2014 / 2015 von der Musikschule Frankfurt weitergeführt wird.
Oder wenn das Know-how, das sich Stipendiaten in den Fortbildungen der Stiftung erworben haben, in die Praxis von Vereinen oder anderen Institutionen einfließt, wie es etwa bei den Bürger-Akademikern der Fall ist.
Darüber hinaus ist aus den Bildungsprojekten der Stiftung das Fortbildungsprogramm Impulse für Frankfurter Pädagogen entstanden. So werden die Inhalte der Projekte implizit in die Bildungseinrichtungen und letztlich auch in die Stadtgesellschaft hineingetragen.
Von außen nach innen
Der Polytechnik-Preis ist wiederum ein Beispiel für Ideentransfer von außen nach Frankfurt hinein: Alle drei Jahre lobt die Stiftung deutschlandweit diesen Preis für die Didaktik der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik aus. Jedes preisgekrönte Konzept wird im Anschluss in einem bis zu zweijährigen Prozess in Frankfurter Bildungseinrichtungen eingeführt.
Der Transfer durch Fortbildungen und der Projektexport fördern zugleich die Verankerung und die Verbreitung von Projekten. Örtliche Konzentration und Verbreitung müssen also kein Gegensatz sein, sondern können einander gut ergänzen und befördern.
Die Stiftung fördert auch hervorragende Projekte Dritter, die einen hohen Nutzen für die Allgemeinheit erbringen, jedoch ohne die Förderung der Stiftung nicht realisiert werden könnten.