Stadtteil-Botschafter-Projekt "Die Teilerei"

Gebraucht ist besser als neu gekauft

14. Mai 2024, von Clara Urban (jeb)

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"Krass! Man kann hier einfach alles mitnehmen", hört man eine junge Frau begeistert zu ihrer Freundin sagen. "Endlich gibt’s mal was umsonst“, lacht eine andere. Grund für die Freude ist "Die Teilerei". Der Laden der ehemaligen Stadtteil-Botschafter Judith Busse (28) und Finn Volpert (25) öffnete am 13. April 2024 in Niederrad und unterscheidet sich in einem wichtigen Detail von normalen Ladengeschäften.

Vor der liebevoll geschmückten Teilerei steht eine lange Schlange gut gelaunter Menschen mit großen Tüten. Sie warten darauf Kleidung, Bücher, Teeservice, CDs oder Taschen abzugeben, während in der Teilerei selbst begeisterte Kunden die Regale nach einem Schatz durchsuchen, den sie ohne Bezahlung oder sonstige Gegenleistung mitnehmen können.

Denn "Die Teilerei" ist ein Umsonst-Laden. Jeder kann hier abgeben, was er nicht mehr braucht. Die einzige Bedingung: Die Gegenstände müssen sauber und intakt sein. Gleichzeitig ist jeder dazu eingeladen mitzunehmen, was ihm gefällt, ohne auch nur einen Cent dafür zu bezahlen. Die Teilerei ist ein Laden, der ohne Kasse, Wechselgeld und Preisschilder auskommt.

Die Teilerei hat dienstags, donnerstags und sonntags in der Triftstraße 34 in Niederrad nachmittags geöffnet. Wer etwas spenden möchte oder sich ehrenamtlich engagieren will, findet einen Link auf der Website: teilerei-ffm.de. Die Öffnungszeiten finden Sie auf der Website des Ladens.

"Die Idee hinter der Teilerei hat sowohl einen ökologischen als auch einen sozialen Aspekt", erklärt Judith Busse. Alle Menschen sollten Zugang zu nützlichen Gebrauchsgegenständen haben. Gleichzeitig sei der Umsonst-Laden schonend für Umwelt und Ressourcen: "Hier müssen Gegenstände nicht extra für mich produziert und später weggeworfen werden."

Die Idee hatten Judith und Finn vor ungefähr vier Jahren. Im Rahmen der studentischen Initiative "Goethe´s Green Office" wollten sie einen Umsonst-Laden an der Goethe-Universität einrichten. Es hatte sich ein Team gebildet, jedoch erwies sich die Suche nach einem Standort als anstrengend und langwierig. "Die größte Herausforderung war einen Raum zu finden! Wir hätten niemals gedacht, dass das so kompliziert wird. Persönlich finde ich es erschreckend, wie schwierig es ist, in Frankfurt einen Raum für Initiativen zu finden", berichtet Judith Busse. So kam es, dass das Team vorerst mehrere Flohmärkte ausrichtete, die auf viel Begeisterung stießen und die Macher bestärkten, ihre Idee eines echten Ladengeschäfts weiter zu verfolgen.

2022 bewarben sich Judith und Finn auf das Stadtteil-Botschafter-Stipendium der Stiftung Polytechnische Gesellschaft. Als Stadtteil-Botschafter hatten sie die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen und ein Netzwerk für ihren Umsonst-Laden aufzubauen. Denn für jedes Projekt muss ein Träger gefunden werden, der zur Umsetzung der Idee obligatorisch ist. Mit Unterstützung der Stiftung und dem Zero Waste Lab des FES fanden sie schließlich einen Raum in der Triftstraße 34 und die nötige finanzielle Hilfe, um für die Miete aufzukommen. "Ich bin sehr froh, dass wir durchgehalten haben. Alleine hätte ich das niemals durchgezogen, da hätte ich schon längst aufgegeben. Aber mit Finn und dem Uni-Team haben wir immer wieder Flohmärkte veranstaltet. Die Leute waren einfach so glücklich. Das fühlte sich so richtig an", unterstreicht Judith. „Die Flohmärkte haben uns am Leben gehalten."

Besagte Freude lässt sich auch am Eröffnungstag beobachten. Ein junger Mann hat eine ältere Dame untergehakt: "Schau mal dort. Du kannst dir einfach etwas mitnehmen." Daneben zeigt eine Frau ihrem Freund begeistert eine Ledertasche, die sie gefunden hat. Vor dem Laden wird sich ausgelassen unterhalten und Kuchen gegessen. Daran, dass ein Umsonst-Laden auf viel Begeisterung bei den Frankfurterinnen und Frankfurtern stößt, besteht angesichts dieser Bilder kein Zweifel mehr.

Es gab allerdings auch Skeptiker, berichtet Judith Busse. Viele meinten, es sei in einer kapitalistischen Welt einfach nicht möglich, einen Laden wie „Die Teilerei“ zu verwirklichen. Sie schlugen vor, dass Konzept zu monetarisieren, doch dies sei nicht die Idee des Konzepts, die Teilerei soll für jeden zugänglich sein.

Schließlich hofft das Team des Umsonst-Ladens, dass "Die Teilerei" in Niederrad weiter geöffnet bleiben kann und nicht der einzige Umsonst-Laden in Frankfurt bleibt. Der Wunsch wäre es, einen Laden in jedem Frankfurter Stadtteil aufmachen zu können und so eine echte nachhaltige Alternative zu schaffen.  Eine Sache liegt Judith Busse noch am Herzen: "Unser Laden ist ein Teilen und kein Tauschen. Man braucht keine Gegenleistung zu erbringen. Man kann nur nehmen oder auch nur geben. Oder auch einfach mal vorbeischauen und sich in die Sofaecke setzen. Unser Laden soll auch ein Ort der Begegnung sein. “