"Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum", sagte einst Friedrich Nietzsche. Musik begeistert, tröstet, begleitet und prägt ein ganzes Leben. Wenig verwunderlich, dass die Hinführung zur Musik für die Stiftung Polytechnische Gesellschaft von zentraler Bedeutung ist. Dafür wird eine Kette von aufeinander aufbauenden musikalischen Projekten im Stadtgebiet systematisch gefördert, von denen wir an dieser Stelle berichten wollen.
"Die Polytechnische Stiftung vertritt und verwirklicht in ihren Projekten einen ganzheitlichen Bildungsbegriff. Dabei spielt natürlich auch die kulturelle Bildung eine wichtige Rolle, und in diesem Feld insbesondere die Konzertpädagogik. Frühes Erleben von Musik in möglichst vielfältigen Formen und idealerweise als Live-Erlebnis prägt Kinder ihr Leben lang", erläutert Dr. Katharina Uhsadel, Bereichsleiterin Kunst, Kultur und Pflege des kulturellen Erbes bei der Stiftung, das Engagement in diesem Feld. "Kulturelle Bildung und insbesondere Musik spielen in dieser großen Bildungsentwicklung eine bedeutende Rolle«, ergänzt Christoph Gotthardt. Gotthardt ist als Hessischer Landeskoordinator für Musikvermittlung für die Durchführung des Projekts Sinfonik für Kindergärten verantwortlich, das in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Kultusministerium und der Kita Frankfurt realisiert wird und gleichzeitig den biografischen Einstieg in die Projektkette Musikalische Bildung der Stiftung markiert.
Einerseits führen kulturelle Bildung – und insbesondere Musik – zur Kultur selbst als Lerngegenstand hin. Andererseits aber sind sie auf vielfache Art und Weise mit anderen Lernbereichen mit anderen Lernbereichen verbunden – im schulischen Kontext würde man sagen fächerübergreifend – vernetzt. Zudem ist sie für die Persönlichkeitsentwicklung und das soziale Lernen relevant", führt Gotthardt weiter aus. Der Musikpädagoge besucht im Rahmen des Projekts Kindertageseinrichtungen und musiziert dort für und mit den Jüngsten. Die Kleinen sind mit Feuereifer und Begeisterung bei der Sache. Gleichzeitig lernen sie durch das Projekt zuzuhören, sich in eine Gruppe einzugliedern und gegebenenfalls auch mit einer (Einzel-)Aktion auch aus dieser hervorzutreten. "Die Kinder bringen Körper und Geist in ein gesundes Wechselspiel und lernen, etwa beim praktischen Musizieren, in ganzheitlicher Art und Weise, auf ein lohnenswertes Ziel hinzuarbeiten", bringt Christoph Gotthardt die Wirkung der Kindergarten-Auftritte auf den Punkt.
Magie der Musik vermitteln
Niedrigschwelligkeit war beim Konzipieren des Projekts Sinfonik für Kindergärten eine Grundvoraussetzung, wie Dr. Katharina Uhsadel betont: "Der Zugang von Kindern zur Kultur hängt maßgeblich von den Gewohnheiten, dem Bildungshintergrund und den Möglichkeiten des Elternhauses ab. Daher ist es uns wichtig, einen Zugang über die Kindergärten und Schulen zu ermöglichen, sodass alle Kinder erreicht werden. Je früher der erste Kulturbesuch stattfindet, desto stärker zeigt sich später unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein Interesse an Kultur, wie das Jugend-KulturBarometer unter Leitung von Professor Susanne Keuchel 2012 gezeigt hat." Die Förderung herausragender Angebote der Konzertpädagogik hat zudem einen weiteren wichtigen und äußerst positiven Nebeneffekt: "Wir unterstützen damit die Musiklehrerinnen und Musiklehrer, von denen beispielsweise an Grundschulen viele fachfremd unterrichten: Lediglich 43 Prozent des Unterrichts werden von grundständig ausgebildeten Musiklehrkräften erteilt, wie eine Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung 2020 nachwies", sagt Dr. Katharina Uhsadel. Auch Christoph Gotthardt weiß um den Mangel an Fachlehrkräften, vor allem in den Grundschulen. Umso wichtiger ist für ihn, die frühe und qualifizierte musikalische Prägung nicht nur in der Schule, sondern auch im Kindergarten weiter zu fördern: "Ich fände es wichtig, dass Musik in der Ausbildung der pädagogischen Kräfte eine größere Rolle spielte. Wünschenswert wäre zudem, dass in jedem Kindergarten zumindest eine pädagogische Kraft eine Musikqualifikation hätte und das Thema und auch Projekte wie Sinfonik für Kindergärten vertreten und bewegen könnte." Trotzdem hat der Pädagoge ausnahmslos großes Lob für die teilnehmenden Erzieherinnen und Erzieher übrig: "Die große Bereitschaft zur Kooperation ist bemerkenswert. Sie haben Freude daran, ihren überaus wichtigen Part im Vermittlungsprozess zu spielen, und ebenso selbst Freude an der Musik."
Dies gilt auch für die Lehrerinnen und Lehrer, die am Projekt SINFONIK HAUTNAH! mitwirken. Die Schülerkonzerte in der Alten Oper Frankfurt sind ein Höhepunkt im Kulturbereich der Stiftung. Bis zu 2.000 Schülerinnen und Schüler waren pro Termin im Großen Saal der Alten Oper zu Gast, in bester Stimmung und mit immenser Freude an der Darbietung klassischer Musik. "Wir wollen den jungen Menschen zeigen, was Musik alles kann; dass es sich lohnt, in ein Konzert zu gehen", erklärt Tobias Henn, der das PEGASUS-Programm für Kinder, Jugendliche und Familien an der Alten Oper Frankfurt leitet. "Vielleicht bekommt der eine oder die andere durch unsere Angebote Lust, sich intensiver mit Musik zu beschäftigen. Tobias Henn wurde selbst bereits früh durch seine musikalische Familie geprägt: "In meinem Elternhaus war ich immer von Musik umgeben, und daher war es für mich selbstverständlich, auch in einem Chor zu singen und ein Instrument zu lernen. Durch meine tägliche Arbeit weiß ich aber, dass dies ein großes Privileg war", merkt er an. Dieses Erleben von Musik, diese Magie möchte er durch Sinfonik hautnah! weitergeben: "Bei ‚Sinfonik hautnah!‘ haben wir die Möglichkeit, dass Grundschulkinder ein ganzes Sinfonieorchester mit einem Dirigenten, der auch das Konzert wunderbar moderiert, erleben können. Und das im besten Haus am Platz. Die jungen Zuhörer kommen – manche vielleicht zum ersten Mal – in einen der größten Konzertsäle Deutschlands und hören ein Sinfonieorchester in großer Besetzung." Doch werden die Grundschulkinder nicht einfach so in ein Konzert geschickt. Die Lehrkräfte nehmen vorab an einer obligatorischen Fortbildung teil, die Konzerte werden im Unterricht vor- und nachbereitet. "So ermöglichen wir, dass der Konzertbesuch nicht nur ein einmaliges Erlebnis ist. Das ist schon ein sehr umfassendes Angebot", sagt Tobias Henn. Dass es bei den Konzerten selbst zu außergewöhnlichen Momenten kommen kann, versteht sich von selbst: "Ein ganz besonderer Moment war für mich, als eintausend Grundschüler gemeinsam mit dem Orchester die 'Ode an die Freude' gesungen haben. Den Klang von eintausend Stimmen, die begeistert dieses tolle Werk sangen, werde ich nicht so schnell vergessen. Und nach dem Konzert waren die Schulklassen mit diesem Lied noch weit über den Opernplatz zu hören", erinnert sich Tobias Henn.
Gänsehautmomente garantiert
Bewusst kleiner gehalten ist das Projekt ANKLANG, bei dem Viertklässlerinnen und Viertklässlern eine "Schule des Hörens" geboten wird, wie Tobias Henn es nennt. In Kleingruppen beschäftigen sich die Grundschulkinder intensiv mit dem Phänomen des Hörens. Durch die reduzierte Anzahl kann intensiver gearbeitet und können Themen vertieft werden, für die in einem Schülerkonzert nicht ausreichend Zeit sind. "ANKLANG haben wir 2015 etabliert", führt Dr. Katharina Uhsadel aus. "Das Projekt entwickelte sich aus den Schülerkonzerten
in der Alten Oper. Das zeigt sehr schön, wie die Stiftung arbeitet und auch ihre Förderprojekte zu Ketten vernetzt", hebt sie hervor. ANKLANG wird durch die Grunelius-Stiftung gefördert.
Beschäftigen sich die Sinfonik-Konzerte ausschließlich mit klassischer Musik, steht bei Jazz und Improvisierte Musik in die Schule! (JIMS), das die Stiftung initiiert und 2014 in die Trägerschaft der Musikschule Frankfurt übergeben hat, der namensgebende Jazz im Fokus. Das Projekt wird in Kooperation mit der Musikschule Frankfurt realisiert und durch die Aventis Foundation gefördert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden aus allen Klassenstufen der weiterführenden Schulen rekrutiert. Erfahrene Trainer wie Nina Hacker, Gernot Dechert oder Peter Klohmann betreuen die Schülerinnen und Schüler unter Federführung des Projektleiters Sascha Wild in einer Big Band oder im Frankfurter Schüler-Jazzensemble. Ein weiterer Unterschied ist die Partizipation: "Wir setzen auf musikpraktisches Miteinander", erläutert Sascha Wild. "Alle sind aktiv, und idealerweise ist das Publikum im Konzert auch immer ein Teil der Band. Zusätzlich stellen wir Materialien zur Jazzgeschichte und zur Jazztheorie zur Verfügung und bilden interessierte Lehrkräfte in der Umsetzung unserer Inhalte fort." Inzwischen wurden mit JIMS mehr als 15.000 Schülerinnen und Schüler aktiv erreicht, einige Alumni haben sich mittlerweile für ein JazzStudium entschieden. "Ein besonderes Highlight ist für uns, dass 2021 mit Darius Blair ein ehemaliges Mitglied unseres Schüler-Jazzensembles mit dem Jazzstipendium der Stadt Frankfurt ausgezeichnet wurde, freut sich Sascha Wild.
Mit dem Opernstudio steht schließlich ein ganz besonderes Stipendium an der Spitze der Projektkette. Das von der Oper Frankfurt durchgeführte Programm widmet sich der Ausbildung von Operntalenten. Über einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren werden talentierte Sängerinnen und Sänger gezielt auf die heutige Musiktheaterpraxis vorbereitet und erhalten wertvolle Unterstützung auf dem Weg vom Studium auf die Opernbühne. "Seit der Gründung des Opernstudios der Oper Frankfurt im Jahr 2008 wurden insgesamt 54 Stipendiatinnen und Stipendiaten gefördert. Daraus wurden 18 im Anschluss an die Zeit im Opernstudio in das feste Ensemble der Oper Frankfurt aufgenommen", berichtet Thomas Stollberger von der Oper Frankfurt stolz. Der Oper liegt eine ordentliche Ausbildung sehr am Herzen, weshalb sie auf namhafte Gesangsdozenten setzt: "Wir hatten beispielsweise Brigitte Fassbaender, Edith Wiens, Helmut Deutsch oder Neil Shicoff als Ausbilder verpflichtet." Aber auch die persönliche Betreuung wird von den internationalen Auszubildenden geschätzt: "Kürzlich wurde ich nach einem Konzert von meinen Sängerinnen und Sänger zur Seite gezogen und dankbar umarmt." Mit der systematischen Förderung der verschiedenen musikpädagogischen Projekte trägt die Stiftung Polytechnische Gesellschaft zur Vernetzung und nachhaltigen Verankerung vielfältiger musikpädagogischer Initiativen im Bildungsangebot Frankfurts bei. Doch ist die Stiftung nicht nur fördernd in der kulturellen Bildung aktiv. Auch in den Reihen der Stipendiaten und dem Alumni-Netzwerk sowie in der eigenen Belegschaft der Stiftung befinden sich viele musikbegeisterte Menschen. Mit der Stiftungsband Plan Zehn und dem Stiftungschor wurden eigene Mitmachangebote etabliert, die sich mittlerweile einen guten Ruf erspielt haben. Band und Chor treten nicht nur bei Veranstaltungen der Stiftung auf. Plan Zehn wurde beispielsweise schon einmal für das Museumsuferfest gebucht und musizierte bei der Einweihung des neuen Gebäudes der Heraeus Bildungsstiftung in Hanau. Der Stiftungschor gab im September 2021 auf der Sommerwiese neben der Jahrhunderthalle ein begeisterndes Konzert. Vom Können der Combos kann man sich auf dem YouTube-Kanal der Stiftung ein eigenes Bild machen – Gänsehautmomente inklusive.
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