Meine Zeitung – Frankfurter Schüler lesen die F.A.Z.

Denkfabrik für kritische Köpfe

12. Juli 2022 von Elisabeth Brachmann

Foto: F.A.Z./Frank Röth
Foto: F.A.Z./Frank Röth

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Wenn an einem Montagvormittag massenweise junge Menschen in die Alte Oper strömen, kann das nur eins bedeuten: Endlich ist wieder Zeit für die Abschlussgala von "Meine Zeitung – Frankfurter Schüler lesen die F.A.Z." In dem ehrwürdigen Haus wurden die herausragendsten Langzeitarbeiten gekürt, die im Rahmen des Projekts entstanden sind.

Drei lehrreiche Projektmonate liegen hinter den Schülerinnen und Schülern, was zu Beginn des Bühnenprogramms gleich durch ein selbstproduziertes Video von Nicola Sladowska und Carolina Pape hervorgehoben wird: Die beiden Siebtklässlerinnen haben in einem Filmtagebuch dokumentiert, wie sie das Projekt erlebt haben. "Besonders gut hat mir gefallen, dass wir kreativ arbeiten konnten," verraten die Schülerinnen der Bettinaschule.

Denn "Meine Zeitung" soll nicht nur die Medienkompetenz der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler stärken. In Form von Klassenartikeln, Beiträgen auf dem Instagramkanal des Projekts und Langzeitarbeiten wird den Teilnehmerinnen und Teilnehmern journalistisches Arbeiten, Recherchieren, Schreiben und vor allem besagte Kreativität abverlangt. Es kann zu einem selbstgewählten Thema getextet, gebastelt und gestaltet werden – entweder analog auf Papier oder aber digital. Und die Mühen werden auch belohnt: Bei der Zeitungsgala im edlen Ambiente der Alten Oper Frankfurt, zu den Klängen des Frankfurter Schüler-Jazzensembles und unter tosendem Beifall – und für die Autorinnen und Autoren der besten Arbeiten sogar mit tollen Preisen. Entsprechend steigt die Spannung, als Moderator Tim Frühling die Schülerinnen und Schüler auf die Bühne ruft, deren Langzeitarbeiten der Jury besonders gut gefallen haben.

Tiefgründige Recherchen

In der Kategorie "Klassenstufe 6 bis 7" belegt Johannes Gregor Droege aus der 7ac des Kaiserin-Friedrich-Gymnasiums mit seiner fast 500-seitigen Arbeit zum Thema "Wie berichtet die F.A.Z. über Kriege?" den ersten Platz. "Mich hat interessiert, welche Kriege es gerade auf der Welt gibt, von denen man gar nichts mitbekommt. 25 Kriege gibt es aktuell, aber nur über etwa zehn wird berichtet", erklärt der Junge die Motivation für sein Langzeitprojekt. Den zweiten und dritten Platz belegen historische Themen: Die Zweitplatzierte Johanna Schilling besucht die 7b des Heinrich-von-Gagern-Gymnasiums und bearbeitete in ihrer Arbeit das Thema "Geschichte", die Drittplatzierte Franziska Mandalka aus der 7Ga der Freien Christlichen Schule schrieb über das Thema "Antisemitismus". "Wir müssen aus der Vergangenheit lernen", sind sich die beiden Geschichtsenthusiastinnen einig.

Zudem werden zwei Sonderpreise verliehen, übergeben von Merten Giesen, Leiter des Medienzentrums Frankfurt, und Patricia Andreae, Redakteurin der F.A.Z.: Den Kreativpreis gewinnt Lilian Sihler aus der Klasse 5éme 1 des Lycée Victor Hugo mit ihrer planetar gestalteten Arbeit zum Thema "Weltraumtourismus", Artur Podlesnov aus der 6c vom Heinrich-von-Gagern-Gymnasium wird für sein E-Book zum Thema "Der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland" mit dem Digitalpreis ausgezeichnet.

Information und Aufklärung

Alle Preisträgerinnen werden gebührend gefeiert und verlassen sichtbar stolz die große Bühne im Mozartsaal, über die im nächsten Moment Jonglierkünstler Claudius Specht vom Tigerpalast wirbelt und mit seinen Künsten für Staunen und Begeisterung sorgt. Im Anschluss geht der Lobreigen weiter für die Langzeitarbeiten der Kategorie "Klassenstufe 8 bis 10". Lucia Bolz aus der 9d der Freiherr-vom-Stein-Schule beschäftigte sich mit der "Situation der Frau in der heutigen Gesellschaft". Darin untersuchte sie Ungerechtigkeit in der Arbeitswelt, Gewalt in Beziehungen und Benachteiligung in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens sowie die Berichterstattung der F.A.Z. über Frauen, etwa im Sport-Ressort. "Darüber aufzuklären, was für die Gleichstellung von Frauen noch getan werden muss, ist mir wichtig", sagt die Neuntklässlerin.

Den zweiten Platz belegt Irina Wende aus der 9d der Freiherr-vom-Stein Schule mit ihrer Arbeit zum Thema "Jüdisches Leben in Frankfurt", den dritten Platz Tea Santic aus der 9a der Anne-Frank-Schule. Sie beschäftigte sich mit dem Thema "Extremismus". "Leider gibt es immer mehr Antisemitismus, auch schon in meiner Altersgruppe", sagt Irina nachdenklich. Umso wichtiger, dass sich Menschen wie die beiden Mädchen nicht nur gegen Extremismus stellen, sondern auch fundiert darüber informieren.

Preis für besonderes Engagement

"Meine Zeitung" gäbe es nicht ohne engagierte Lehrkräfte, die die Schülerinnen und Schüler bei ihren tiefgründigen Recherchen unterstützen. Deshalb gibt es den Lehrkräftepreis für besonderes Engagement. In diesem Jahr kann sich Silke Rüffert über die Auszeichnung freuen. Sie ist Deutschlehrerin am Kaiserin-Friedrich-Gymnasium und hat mir ihrer Klasse u.a. den Franziskustreff besucht, ein Treffpunkt für Obdachlose in Frankfurt. Daraus ist ein beeindruckender Artikel entstanden. "Das Projekt bietet eine ungeheure Vielfalt. Die Kinder lesen nicht nur die Zeitung, sie lernen unterschiedliche Textsorten kennen, für die Lehrkräfte wird tolles Unterrichtsmaterial beigestellt… Das ist einfach toll. Immer wieder entdecke ich dadurch unter meinen Schülerinnen und Schülern auch versteckte Talente und kann sie besser stärken", erzählt die Pädagogin mit glänzenden Augen. "Die Arbeit in dem Projekt macht einfach Spaß. Wir möchten den Schülerinnen und Schülern, aber auch den Lehrkräften, eine Gelegenheit bieten, langfristige Projekte in den Unterricht zu integrieren", so Andreae. "Durch die Projektarbeit fördert 'Meine Zeitung' nachhaltig die Medienkompetenz" ergänzt Giesen.

Seit 2008 wird "Meine Zeitung" als Kooperationsprojekt der Stiftung Poyltechnische Gesellschaft, der Frankfurter Allgemeine Zeitung an Frankfurter Schulen durchgeführt. Seit 2017 ist das Medienzentrum Frankfurt ein zusätzlicher Partner des Projekts. In Zeiten von Desinformation, Fake-News-Kampagnen und Verbreitung ungeprüfter Meldungen über Messengerdienste ist es wichtiger als je zuvor: "Im Internet werden uns Informationen in unendlicher Menge präsentiert. Aber häufig bestätigen sie die Meinung, die wir ohnehin schon haben, oder stammen aus unzuverlässigen Quellen. Bevor ein Text in die Zeitung kommt, muss er aber sorgfältig recherchiert werden und vielfältige Meinungen stehen nebeneinander", betont Anne Bachmann, Projektleiterin im Bereich Bildung der Stiftung Polytechnische Gesellschaft, die deren Vorstandsvorsitzenden Prof. Dr. Roland Kaehlbrandt vertritt.

Desinformation entgegenwirken

Carsten Knop, einer der Herausgeber der F.A.Z. und für das Thema Digitalisierung zuständig, hat das Projekt gezeigt: "Die Jugend wird überhaupt nicht oberflächlicher, im Gegenteil. Die Langzeitarbeiten der Schülerinnen und Schüler zeigen ein breites Themenspektrum und sie sind tiefgründig recherchiert. Das ist im Zeitalter kurzlebiger Sozialer Medien ein sehr gutes Zeichen." Zudem trägt "Meine Zeitung" zu einem breiteren Wortschatz und einem intensiven Umgang mit Sprache bei, was den Bildungszielen der Stiftung entspricht: "Medien- und Sprachbildung sind ganz zentrale Ziele der Bildungsarbeit unserer Stiftung", ergänzt Bachmann.

Durch das Erlernen der journalistischen Basics sind die Schülerinnen und Schüler selbst zu regelrechten Jung-Schreiberlingen geworden. "Der Redaktionsprozess, in dem die Schülerinnen und Schüler anhand des Feedbacks einer erfahrenen Journalistin ihre Online-Beiträge überarbeiteten, war für die Jugendlichen zunächst ungewohnt. Als die vollendeten Beiträge dann aber veröffentlicht wurden, hätten sie stolzer nicht sein können," erzählt Rüffert. Auf diese Weise entstanden Klassenartikel für die Projektwebsite www.meine-zeitung-frankfurt.de und Beiträge für den Instagram-Kanal des Projekts @meinezeitung_frankfurt. So geht "Meine Zeitung" zwar für 2022 zu Ende, online wird die Medienkompetenz aber weiterhin geschult und die Resultate mit tollen Artikeln und Beiträgen der Öffentlichkeit präsentiert.

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