David Eberhardt im Porträt

"Musik ist ein Erlebnis"

Der Main-Campus-academicus-Stipendiat David Eberhardt studiert an der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Förderschullehramt mit dem Hauptfach Posaune. Das Erlebnis Musik will er mit möglichst vielen Menschen teilen.

von Alexander Jürgs

Teilen

Dass David Eberhardt Posaunist geworden ist, ist im Grunde einem Missverständnis zu verdanken: Als seine Mutter die Anmeldung für den Verein ausfüllte, in dem er Blasmusikunterricht nehmen wollte, trug sie als Instrument Posaune ein. Ihr Sohn hatte sich eigentlich gewünscht, das Trompetenspielen zu erlernen.

Doch wie es manchmal so ist, das Formular blieb unverändert und das Leben nahm seinen Lauf. Unglücklich ist Eberhardt darüber nicht. Ein Instrument, das er lieber spielen würde als Posaune, kann er sich heute nicht mehr vorstellen. Auch wenn er mittlerweile viel anderes – Cajón, Schlagzeug, Gitarre und noch einige Instrumente mehr – ausprobiert und gelernt hat. "Musik war immer das, was mich bewegt hat, die Musik hat mich nicht mehr losgelassen", sagt der 23-Jährige.

Eberhardt lebt bis heute dort, wo er aufgewachsen ist: in einem Ortsteil von Obertshausen, nicht weit entfernt von Hanau und Offenbach. Zum Studieren kann er von dort aus bequem nach Frankfurt am Main pendeln. An der dortigen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst studiert er Förderschullehramt, bald kommt er ins neunte Semester. Kindern mit Förderbedarf zu vermitteln, welche Faszination von der Musik ausgeht, ihnen Klangerfahrungen und Hörerfahrungen weiterzugeben: Das erfüllt ihn, und darin sieht er seine Zukunft. "Musik ist ein Erlebnis", sagt David Eberhardt. Und das sollen auch andere erfahren können.

Dieser Artikel stammt....

...aus der Polytechnik 2/21, unserem Stiftungsmagazin. Die gesamte Ausgabe können Sie hier als PDF lesen.

Jetzt lesen

Musik ist für ihn sowieso etwas, das man am besten mit anderen in der Gruppe erlebt. Deshalb ist Eberhardt auch so gern Teil eines Orchesters. Früher war er das ausschließlich als Musiker,  mittlerweile ist er es auch als Lehrer und Dirigent. "Im Orchester zu musizieren ist wie Fußballspielen", sagt er. "Man muss sich abstimmen, man muss aufeinander achten. Nur als Team schafft man es, wirklich gut zu sein."

Im Laufe seines Lebens ist die Musik für David Eberhardt immer wichtiger geworden, hat sie immer mehr Zeit eingenommen. In der Oberstufe wollte er Musik als Leistungskurs wählen. Doch weil ein solcher Kurs an seiner Schule nicht zustande kam, besuchte er während der Musikstunden fortan eine andere Schule: die Marienschule in Offenbach, eigentlich eine reine Mädchenschule. "Der Musikunterricht dort hatte eine ganz andere Qualität, das hat man sofort gespürt", erinnert er sich. In dem Kurs war Eberhardt einer von zwei externen Jungen, an der Pforte der Marienschule mussten sie sich jedes Mal anmelden, um am Unterricht teilnehmen zu können.

Während seiner Schulzeit machte Eberhardt auch sein erstes Praktikum in einer Förderschule. Nach dem Schulabschluss entschied er sich dann für ein Freiwilliges Soziales Jahr. Auch das absolvierte er wieder an einer Förderschule, der Schule am Goldberg in Heusenstamm. Kurz darauf fasste er den Entschluss für das Studium. Eberhardt schaffte die Aufnahmeprüfung an der renommierten Frankfurter Musikhochschule im ersten Anlauf.

»Im Orchester zu musizieren ist wie Fußballspielen. Man muss sich abstimmen, man muss aufeinander achten. Nur als Team schafft man es, wirklich gut zu sein.« David Eberhardt

Dass die Auseinandersetzung mit Musik Kindern mit Behinderung weiterhelfen kann, davon ist der Student überzeugt. Musik sei für die Kinder an den Förderschulen oft wie ein Ventil, "ein Ausbruch aus dem Alltag". Sogar stark eingeschränkte Kinder mit Mehrfachbehinderungen könnten davon profitieren. Eberhardt erzählt davon, wie er in der Förderschule einmal den Arm eines gehörlosen Kindes an seine Posaune legte und zu spielen begann.

"Auch wenn das Kind die Musik nicht hören konnte, konnte es doch die Schwingungen der Musik spüren", sagt er. Seit Anfang des Jahres zählt der Student zum Kreis der Main-Campus-academicus-Stipendiaten. Mit dem Stipendium fördert die Stiftung Polytechnische Gesellschaft Studierende mit besonderen Begabungen. Für das Stipendium kann man sich nicht bewerben, sondern wird dafür vorgeschlagen. "Als ich erfahren habe, dass eine meiner Professorinnen mich dafür empfohlen hat, war ich überrascht und glücklich."

Mit dem Stipendium sollen junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht nur finanziell unterstützt, sondern auch interdisziplinär miteinander vernetzt werden. In den ersten Monaten seiner Stipendienzeit fand dieser fächerübergreifende Austausch wegen der Pandemie ausschließlich im virtuellen Raum statt. Das habe zwar gut funktioniert, sagt Eberhardt, doch ein persönliches Kennenlernen konnte es nicht ersetzen.

Umso mehr habe er sich gefreut, als vor einiger Zeit doch ein Treffen in Präsenz möglich wurde. Intensiv wurde dort miteinander diskutiert, besonders die Gespräche mit den Naturwissenschaftlern unter den Stipendiatinnen und Stipendiaten hätten ihm neue Sichtweisen eröffnet. "Naturwissenschaftler stellen Fragen, die ein Musiker normalerweise nicht stellt", sagt David Eberhardt. "Das ist genau die Art Austausch, die mich inspiriert."

 

Über den Autor
Alexander Jürgs ist Redakteur der Rhein-Main-Zeitung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Weitere Meldungen

Weitere Meldungen