Besondere Würdigung

Frankfurter Diesterweg-Familien im Kaisersaal

4. Juli 2022 von Jens-Ekkehard Bernerth

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Die Stadt Frankfurt lud die Diesterweg-Familien der sechsten und siebten Generation in ihre "gute Stube" ein. Im Kaisersaal empfing Stadträtin Sylvia Weber die Familien, die sich ebenfalls aktiv am Programmablauf beteiligten und im Kaisersaal einen Einblick in ihre Zeit im Familienstipendium boten.

"Wir haben ein Zoom-Meeting", schallt es resigniert durch die Lautsprecher des Kaisersaals. Alexia, Anshikha, Emilia, Sartaaj, Poorvi und Mina stehen vor den rund 130 geladenen Gästen und Diesterweg-Familien, und gewähren einen Einblick in die Gefühlswelt der Kinder während der vergangenen zwei Corona-Jahre. Anstelle des Bolzplatzes gab es höchstens den eigenen Garten, das Treffen mit Freunden musste genauso wie der Schulunterricht ins Virtuelle verlegt werden. Digitale Räume statt echte vier Wände. Die Konsequenz: Die Heranwachsenden verspürten akute Einsamkeit. "Ich bin traurig, denn ich kann nicht rausgehen," lässt beispielsweise Alexia das Publikum an ihren damaligen Gefühlen teilhaben.

Immerhin brachte das Diesterweg-Stipendium mit den virtuellen Akademietagen Abwechslung in den Alltag seiner Stipendiaten. Liebevoll gepackte Pakete für Veranstaltungen wie das chemische Experimentieren mit dem Goethe-Schüerlabor oder die Büchereitage sorgten für schöne Momente im sonst tristen Corona-Alltag.  "Post vom Schülerlabor, Frau Dr. Nitsche hat es gepackt", erinnert sich Poorvi.

»Familien sind Orte der Unterstützung, sie bieten Verlässlichkeit, Bestärkung und Kraft.«

Sylvia Weber
Bildungsdezernentin der Stadt Frankfurt

Endlich wieder in Präsenz

Die Eltern der Diesterweg-Kinder setzten alles daran, dass ihr Nachwuchs wenigstens an den Diesterweg-Aktivitäten teilnehmen konnte. "Die Eltern waren mit im Boot, haben eine verlässliche Teilnahme ermöglicht", lobt Projektleiterin Beate Moran in ihrer Moderation die anwesenden Familien der sechsten und siebten Generation, die in den Jahren 2018-2020 und 2020-2022 am Diesterweg-Stipendium teilgenommen haben. Vor allem die siebte Generation erwischte es hart, bis zu diesem Jahr haben sie ausschließlich digitale Formate im Diesterweg-Stipendium gekannt, erste Ausflüge unter freiem Himmel zu Orten wie dem Felsenmeer, dem Institut für Bienenkunde in Oberursel oder ins Schülerlabor fanden so richtig erst seit diesem Frühjahr für die Familien statt.

Zwar ist die Pandemie noch nicht vorbei, doch die derzeitige Lage lässt immerhin ein wenig Normalität zu – wenn auch mit Einschränkungen. Bildungsdezernentin Sylvia Weber gefällt es, dass wieder geschäftiges Treiben im Römer herrscht: "Ich freue mich sehr, dass es nach der Durststrecke, die die Pandemie uns beschert hat, endlich wieder einen Empfang der Diesterweg-Stipendiaten im Kaisersaal gibt", so die Dezernentin für Bildung, Integration und Neues Bauen. Sie weiß, welche Bedeutung die Familie für eine gelungene Bildungsbiografie hat: "Wir brauchen die Eltern als starke Partner. Familien sind Orte der Unterstützung, sie bieten Verlässlichkeit, Bestärkung und Kraft. Vor allem in Phasen auf dem Bildungsweg, in denen es auch mal kompliziert werden kann und Umbrüche anstehen. Das ist zum Beispiel beim Wechsel von der Grund- auf die weiterführende Schule der Fall. Daher ist es sinnvoll und wichtig, dass das Diesterweg-Stipendium den 'Wechsel 4 auf 5' besonders intensiv begleitet. Denn hier werden Weichen für das Leben gestellt", so Sylvia Weber.

Das Diesterweg-Stipendium gibt Orientierung

Dass genau dieser Punkt – die intensive Begleitung der Familien – im Diesterweg-Stipendium eine enorme Bedeutung hat, und vor allem auch gelingt, lässt eine Diesterweg-Mutter in ihrer Rede durchblicken. Die Frankfurterin mit marokkanischen Wurzeln hat drei Kinder, zwei davon gehen mittlerweile auf ein Gymnasium in Sachsenhausen: "Der Übergang von der vierten in die fünfte Klasse war aufregend. Die Klassenlehrerin hat unsere Tochter für das Gymnasium empfohlen, aber ich war unsicher, da ich das Schulsystem in Deutschland nicht kannte. Und auch meine Tochter war sich nicht sicher, ob das der richtige Weg sei", berichtet sie den anwesenden Gästen. "Die Tage der offenen Türe mussten pandemiebedingt einer Online-Veranstaltung weichen. Doch durch die Elterncafés des Diesterweg-Stipendiums, bei denen Themen angesprochen werden können, die einem wichtig sind, und den Akademietag 'Das Schulsystem in Deutschland' konnte ich gut eine Entscheidung treffen."

Ein Beispiel von vielen für die Wirkung des Diesterweg-Stipendiums, in dem gerade die Aufnahmegespräche für die achte Generation stattfinden. Und wenn alles gut läuft, wird auch diese Generation wieder einen Empfang im Kaisersaal im Römer erleben. Vor Ort. Physisch. Und ohne Einschränkungen.